Der Kreis Goldap in der Gegenwart
Die Grenze zwischen der Republik Polen und dem zur Russischen Föderation gehörigen Königsberger Gebiet verläuft quer durch Ostpreußen und quer durch den Kreis Goldap (nach dem Vorkriegsstand), wenige Kilometer nördlich von Goldap, in Ost-West-Richtung. Ca. 40% des Kreisgebietes befinden sich nördlich dieser Grenze, 60 % südlich davon.
Von den 171 Dörfern existieren im russischen Teil nur noch drei, im südlichen polnischen Teil Grabowen/Arnswald , Dubeningken und Szittkehmen/Wehrkirchen fast vollständig; alle übrigen Ortschaften sind nur noch in Fragmenten vorhanden oder ganz ausgelöscht.
Der kleinere nördliche Teil des Kreises besitzt kein eigenes Zentrum mehr. Das Land ist zum größeren Teil dem Rayon Nesterov (Stallupönen [Ebenrode]) zum kleineren Teil dem Rayon Darkehmen [Angerapp] zugeschlagen. Ein großer Teil der Bevölkerung ist arbeitslos; die wirtschaftliche und soziale Lage ist desolat und hat sich in den letzten Jahren nicht durchgreifend verbessert.
Nach 1990 hatten sich ca. 600 Rußlanddeutsche aus Kirgisien und Kasachstan im nördlichen Teil des Kreises Goldap angesiedelt. Von diesen sind inzwischen 90 % in die Bundesrepublik Deutschland ausgesiedelt.
Der größere zur polnischen Republik geschlagene Teil verfiel von 1945 bis 1990 in einen Dornröschenschlaf fast ohne jede Entwicklung. Die angesiedelte polnische Bevölkerung musste sich mehr als 25 Jahre mit den im Krieg zurückgebliebenen Ruinen begnügen. Erst 1971 wurde zögernd mit dem Bau von Wohnhäusern im Plattenbaustil begonnen. 1983 wurde die im Kriege weitgehend zerstörte Alte Kirche aus dem Jahr 1580 – mit tatkräftiger Unterstützung der Kreisgemeinschaft Goldap Ostpreußen e.V. – wieder aufgebaut.
Seit 1990 hat Goldap eine stürmische Entwicklung durchlaufen und hat sich insbesondere seit dem EU-Beitritt Polens enorm entwickelt. Eine forsche wirtschaftliche Entwicklung verbunden mit einer starken Bau- und Renovierungstätigkeit, vorangetrieben und gefördert von einer nach der Wende amtierenden sehr phantasiereichen und fähigen Stadtregierung, veränderte das Bild der Stadt grundlegend.
Goldap wird als Kurstadt entwickelt. Am Westufer des Goldaper Sees ist ein Kur- und Touristikzentrum entstanden. Gleichzeitig wurde am Goldaper Berg ein Skigebiet mit mehreren Liften und Abfahrten geschaffen.
Die Entwicklung auf dem flachen Land hinkt etwas hinterher, wenngleich auch der Gemeindevorsteher der aus dem Süd-Ost-Viertel des alten deutschen Kreises Goldap neu gebildeten Großgemeinde Dubeningken mit großem Erfolg den Ausbau der gemeindeeigenen Infrastruktur vorantreibt.
Verwaltungstechnisch hat der polnische Staat den ihm zugefallenen Teil des Kreises Goldap in nur noch zwei Großgemeinden gegliedert: Die das Süd-West-Viertel des Kreises umfassende Stadt und Gemeinde Goldap und die das Süd-Ost-Viertel des Kreises umfassende Großgemeinde Dubeningken. Nach mehreren Kommunalreformen bilden beide Großgemeinden seit dem 1. Januar 2002 gemeinsam mit der bis Kriegsende zum Kreis Angerburg gehörigen Gemeinde Benkheim den neuen polnischen Verwaltungskreis Goldap.
Zwischen dem südlichen (polnischen) und dem nördlichen (russischen) Teil des alten deutschen Kreises Goldap gibt es seit einigen Jahren einen offiziellen Grenzübergang, der anfangs nur für den „kleinen Grenzverkehr“, also für im Grenzgebiet ansässige russische und polnische Staatsbürger, passierbar war, inzwischen aber als internationaler Grenzübergang für jedermann geöffnet ist, der das erforderliche russische Visum besitzt. Die Grenze kann von Radfahrern, PKW’s und Bussen, nicht aber von Fußgängern und LKW’s benutzt werden. Wegen Corona ist der Grenzübergang allerdings zur Zeit geschlossen.